Christine und Johannes Lötz
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Synodaler Weg Рist das die L̦sung?

Die dritte Synodalversammlung der katholischen Kirche in Frankfurt endete am Samstag den 5.2.2022. Zum Verständnis ist es notwendig, dass man die Hintergründe kennt. Wikipedia gibt da Hilfe. Die momentanen Probleme der Kirche sind außerordentlich vielschichtig und kaum lösbar. Mindestens 2/3 der Bischöfe scheinen endlich begriffen zu haben, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Die Fülle der aktuellen Themen zeigt aber auch, dass viele Dinge wegen der Verteilung der Macht in der Amtskirche unter Berücksichtigung der Weltkirche nicht in Deutschland zu lösen sind. Was durch die deutsche Bischofskonferenz regelbar ist, ist leider nur ein kleiner Teil. Der Papst und die Kurie müssen sich auch bewegen, sonst wird die Reform der Kirche weiter stecken bleiben. Die katholische Kirche ist halt nicht demokratisch organisiert, sondern autokratisch. Das zeigt auch das Schlusswort der Präsidentin des ZdK Irme Stetter-Karp: „Papier ist unendlich geduldig.“ Die Betroffenenorganisation „Eckiger Tisch“ der Missbrauchsopfer beklagte sich, dass deren Anliegen überhaupt nicht thematisiert waren.

Konkret wurde beschlossen, dass die Gläubigen eines Bistums an der Berufung eines Bischofs beteiligt werden sollen. Diese Synodalversammlung scheint aber in gewisser Weise einen Durchbruch geschafft zu haben. Die arbeitsrechtlichen Folgen einer im kirchlich rechtlichen Sinne sind komplett abgeschafft. Geschiedene Mitarbeiter können in den kirchlichen Ämtern weiter mitarbeiten, ebenso Quere. Dies hat der Bischof von Limburg Bätzing in einem Interview deutlich gemacht. Der deutsche Synodale Weg sei „keine Synode, kein echter synodaler Weg. Es ist nur dem Namen nach ein synodaler Weg; keiner, an dem das Volk Gottes als ganzes beteiligt ist, sondern einer, der von einer Elite veranstaltet wird“, sagte Franziskus im Interview der Nachrichtenagentur Associated Press. Damit hat der Papst ein Machtwort erteilt, und auf die Synode der Weltkirche verwiesen. Damit steht eine endgültige Lösung zunächst mal in den Sternen. Die entsprechenden Stellen im Katechismus werden also bleiben und die Betroffenen werden somit weiter „in Sünde“ leben. Logisch gibt es ein Dilemma zwischen der deutschen und römischen Kirche. Die Diskriminierung der Menschen soll nicht mehr ausgeübt werden, sie sollen von der Kirche ernst genommen werden. Deshalb sollte auch eine Segnung der Menschen allgemein nicht verboten sein. Das trifft allerdings in das Herz des Katechismus über die Sexualmoral, was ohne eine Zustimmung Roms nicht zu ändern ist. Die deutsche Kirche befindet sich am Scheideweg. Ob es da Barrieren gibt, weiß man noch nicht, sie sind aber zu erwarten. Die Laienverbände hoffen auf eine baldige Umsetzung der Beschlüsse.

Zu diesem Thema habe ich auf Grund eines Leserbriefes der Offenbacher Post folgenden Leserbrief geschickt:

Zunächst einmal meine Einstellung: Ich negiere die Amtskirche allgemein, bin aber auch an sinnvoller Stelle engagiert. Die Gemeinde vor Ort benötigt jede Hilfe qualifizierter Mitarbeiter, die dem Ortspfarrer hilfreich beiseite stehen. Wenn man öfters im Pfarrbüro zu tun hat, merkt man schnell, wieviel Arbeit ein Pfarrer zu bewältigen hat. Dies ist bei den momentanen Zusammenlegungen von Pfarreien wegen Priestermangels nicht besser geworden.

Der synodale Weg soll hier auch helfen, ist aber nicht der Ursprung. Ursprung ist die Leitlinie wegen des Missbrauchs an Kindern durch Kleriker (MGH-Studie September 2018). In der Folge beschloss die Bischofskonferenz einen Arbeitskreis zu bilden, den sie synodalen Weg nannten. Die Schwerpunktthemen beinhalten in ihrer Ausprägung zunächst nichts über die eigentliche Intention. Aus diesem Grunde halte ich das Ganze für die ursprüngliche Intention als Sackgasse. In der Organisationslehre gibt es den lapidaren Satz: ..und wenn man nicht mehr weiter weiß, dann bildet man einen Arbeitskreis. Die Schwerpunktthemen kratzen an uralten katholischen Einstellungen, die von Rom mit Sicherheit wenig Gegenliebe erfahren.

Die MGH-Studie sollte die Missbräuche ab 1946 bis 2014 aufdecken. Dazu gibt es allerdings eine Vorgeschichte. Im Juni 2011 fasste die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) den Beschluss zusammen mit dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Pfeiffer eine Studie zu diesem Thema zu erstellen. Aus unterschiedlichen Gründen scheiterte dieser Versuch. Ein wichtiger war das Kirchenrecht im  Codex Juris Canonici 486-490. Wenn man diese Gesetze durchliest, ist festzustellen:

  1. Es gibt ein allgemeines und ein geheimes Archiv.
  2. Persönliche Daten im allgemeinen Archiv dürfen von den betroffenen Personen eingesehen werden. Sie können eine Abschrift oder Kopie bekommen.
  3. Es dürfen ansonsten allgemeine Dokumente nur mit Zustimmung des Bischofs oder gleichzeitig mit Zustimmung des Kanzlers und des Moderators der Kurie herausgegeben werden und das nur für kurze Zeit.
  4. für das Geheimarchiv hat nur der Bischof den Schlüssel. Dokumente aus dem Geheimarchiv dürfen nicht herausgegeben werden.
  5. Nach zehn Jahren oder nach dem Tod des Täters sind Akten mit Strafsachen in Sittlichkeitsverfahren zu vernichten. Es bleibt ein kurzer Tatbestandsbericht und der Wortlaut des Endurteils.

In diesem Archiv darf man also alle Akten über die Fälle der letzten zehn Jahre erwarten, bis auf die, wo die Täter verstorben sind. Von den Fällen davor und den Fällen von Verstorbenen gibt es eine kurze Abhandlung. Ansonsten ist das Archivgebaren wie bei jedem Archiv üblich. Personaldaten und Geschäftsgeheimnisse sind tabu. Man kann somit erwarten, dass nur die Fälle der letzten 10 Jahre hoffentlich ausreichend dokumentiert sind.

Mittlerweile gibt es Gutachten für München-Freising und Aachen von einer Kanzlei aus München, deren Mitarbeiter eine komplizierte Umgehung der rechtlichen Probleme gefunden haben. Köln hat ein entsprechendes Gutachten als falsch abgelehnt, was Kardinal Woelki eine Suspendierung einbrachte.

Die deutschen Ergebnisse des synodalen Weges müssen sich an der kath. Weltkirche, also am Vatikan messen lassen. Die Kurie dort ist aber sehr konservativ.

***** Ende des Leserbriefes *****

Die veröffentlichten Gutachten bemängelten unter anderem den Umgang mit den Archiven. Es wurden außerhalb der Archive Akten gefunden, die sicherlich nicht in die Hände der damit befassten Personen gelangen sollten. Andere Akten wurden nach den Vorgaben nicht vernichtet. Das lässt auf eine schludrige Vorgehensweise gegenüber den klaren Gesetzen schließen.

Die Missbrauchsdebatte wurde in einen Arbeitskreis mit Themen umfunktioniert, die zunächst mit dem ursprünglichen Thema nichts gemein haben. Eine organisatorisch richtige Vorgehensweise läuft anders, es muss ein Projekt erstellt werden.  Dazu muss zuerst ein Istzustand ermittelt werden, der eine umfängliche schonungslose Recherche erfordert. Da wurde  bezüglich des Missbrauchs noch vieles verschleiert. Die bislang veröffentlichen Gutachten umfassen zu wenig Bistümer, für eine statistisch relevante Aussage muss mehr kommen. Erst wenn diese Vorgaben vollständig vorhanden sind, kann in Folge dieser Erkenntnisse ein Sollzustand definiert werden. Dabei sind nur Schritte zum Sollzustand erlaubt, die auch erfüllbar sind. In diesem Sinne sind die Rüffel vom Papst Franziskus durchaus verständlich.

Der synodale Weg ist eigentlich ein ganz anderer Weg als zunächst vorgesehen. Er packt auch Themen an, die sicher wichtig sind. Er zeigt aber auch den schroffen Widerspruch zwischen den konservativen und progressiven Kräften innerhalb der kath. Kirche. Dahinter steht der Wunsch nach einer Erneuerung der Kirche mit mehr Mitsprache leider nur im deutschen Raum. Die Weltkirche ist dabei kein Gesprächsgegenstand. Deswegen ist dieser Versuch eine Sackgasse, solange Rom sich nicht einsichtig zeigt. Der erneute Missbrauchsskandal des früheren Bischofs von Essen Hengstbach zeigt wiederum wie lange Laichen im Keller liegen können. Der Bischof ist schon 1991 gestorben, die Vorwürfe stammen aber aus den Jahren 1954 und später. Ãœber Tote gilt der Satz: „de mortuis nisi bene“ (Ãœber Tote redet man nichts, außer was Gutes), aber bei der Häufung der Verdienste des Bischofs wurde dies im Hintergrund behalten, immerhin reichte es zum Denkmalssturz des Bischofs im Essener Domhof.

Am Mittwoch dem 4.10.2023 wird die Weltsynode im Vatikan beginnen (bis 29.10). Im Vorfeld äußerte der Koordinator Jean-Claude Hollerich, dass dieses Treffen nicht nach deutscher Art ablaufen. Die sei zu „konfrontativ“. Insgesamt gibt es 365 stimmberechtigte Mitglieder, darunter auch 55 Frauen. Die Mehrheit wird von den Geistlichen geführt, progressive Themen werden somit es schwer haben.  Die Weltsynode wird in zwei Teile geteilt, die zweite Synode ist für den Oktober 2024 geplant.

Die Ergebnisse der deutschen Synode dürften bekannt sein, sie werden aber kaum eine bedeutende Rolle spielen. Durch die Deutsche Synode ist ein Kulturgegensatz aufgebrochen, den die Weltkirche nicht mitmachen kann, das ist sicher. Es gibt Länder in denen der deutsche Weg als Ketzerei angesehen wird. Diese Gegensätze sind innerhalb von zwei Jahren nicht aufzubrechen.

2.10.2023 Johannes Lötz